Ein Insider!!

Die Rache ist mein!

 

Julo Mikulec beugte sich über den Kommunikationsaltar. „Sturm 1, wiederholen Sie! Ich kann Sie nur schlecht aufnehmen. Haben Sie Ihr Angriffsziel eingenommen? Over“ Es rauschte im Vox. „Nega.. stark…Wid..nd, regul….Raum…infa….hohe Ver……...dringend Ver…“ Julo hätte am liebsten vor Frustration auf die Kommunikationskonsole eingeschlagen. Aber das sahen nicht einmal die abtrünnigsten Mechanici gerne, zumindest wenn sie es nicht selber taten.

 

Was sollte er dem Kapitän jetzt melden? Der Alte war so wie so schon ziemlich nervös. Crastus Elis hatte ihm wohl klar gemacht, dass er ihn als nächstes erschießen würde, wenn er versagte. Kalte Wut drängte sich in Julos Bewusstsein, als er daran dachte, wie Crastus Elis, der Anführer der Schwarzen Wölfe von Uraha, der erfolgreichsten Piratenorganisation in den Drusus-Marken und den angrenzenden Subsektoren, seinem älteren Bruder Tullar vor den versammelten Kapitänen in den Kopf geschossen hatte. Nachdem er den Schock überwunden hatte, schwor er sich Crastus dafür zu töten, koste es, was es wolle. Doch was konnte ein kleiner Kommunikationsoffizier schon ausrichten? Bevor die Frustration noch größer wurde, wandte sich Julo wieder seinem aktuellen Problem zu.

 

Sie hatten einen todsicheren Tipp über ein Frachtraumschiff mit wertvoller Ladung bekommen, das in das Meridus-System kommen würde. Sie hatten auch erfahren, dass die imperiale Flotte nur einen Zerstörer als Begleitschutz abstellen konnte. Das würde für ihr gut eingespieltes Wolfsrudel, bestehend aus drei umgebauten Cobra-Zerstörern keine große Sache werden. Bis der schwerfällige Großkreuzer, die „Treu und Glauben“, der hier zur Zeit das System schützte, heran war, würden sie längst mit der Beute verschwunden sein.

 

Es verlief auch alles nach Plan. Das Frachtschiff erschien am angekündigten Ort. Der imperiale Zerstörer, identifiziert als „Sternengold“, wohl ein in die Dienste der imperialen Flotte gepresster Freihändler, näherte sich aus dem Systeminneren, noch zu weit weg, um den ersten Schlag der Wölfe abzufangen. Der Frachter, seine Kennung war „Promise Land“, hatte keine Chance. Im Nu war er lahm geschossen und ihr Schiff, die „Intrepid“ dockte an. Die Boarding-Crews stürmten in das hilflose Frachtschiff.

 

Seltsamerweise brach fast unmittelbar nachdem die Entermannschaften die „Promise Land“ betreten hatten, die Funkverbindung ab bzw. waren die Funksprüche nur noch stark verstümmelt zu empfangen. Von Sturm 2 und 3 kamen gar keine Nachrichten rein, Sturm 1 war nur verstümmelt zu hören und hatte anscheinend Schwierigkeiten. „Sturm 1 bis 3, geben Sie Lageorientierung. Sorgen Sie für verständliche Funkkommunikation, over!“ rief er ins Vox. Wieder meldete sich nur Sturm 1. Diesmal war es völlig unverständlich, obwohl die Gegenseite wohl aus Leibeskräften in das Funkgerät brüllte. Auch glaubte Julo Kampflärm zu hören. Er wollte sich gerade aufraffen, dem Kapitän zu melden, da bekam der einen Tobsuchtsanfall. Ziel war wohl ein Ortungsoffizier. „“Sie haben was? Einen Schatten auf ihrem Auspex gesehen? Im Nahbereich? Und weiter?“ schrie Greg Kramms laut „Flakturm Gamma und Xi meldeten ebenfalls einen Schatten, vielleicht ein Fluggerät:“ wagte ein anderer Kommunikationsoffizier verlauten zu lassen. „Und wo ist der Schatten jetzt?“ fragte Kramms gefährlich leise. „Negativ, Käpt’n, der Schatten ist verschwunden.“ gestand der Ortungsoffizier kleinlaut. „Ja, bin ich von lauter Gehirnerweichten umgeben?“ schrie Kramms, so dass die Speichelfäden von seinem verzerrten Mund nur so flogen. Ja, er hatte tatsächlich Schaum vor `m Mund. „Wir führen eine Enteroperation durch! Ich bitte mir aus, dass ich klare Meldungen bekomme, keine Hirngespinste der Maschinengeister oder von besoffenen Flakbedienungen!“ Julo dachte sich, lieber mal die Fresse halten, und blieb stumm.

 

Doch der Kapitän hatte ihn ins Auge gefasst. „Meldungen der Sturmabteilungen? Mikulec.“ Man merkte, dass ihn der Käpt’n nicht leiden konnte. Seit dem sein Bruder hingerichtet worden war, war auch er in Ungnade gefallen. Vorher war er auf der „Merciless“, dem Schiff seines Bruders, dritter Offizier gewesen. Danach hatte man ihn als Kommunikationsoffizier auf die „Intrepid“ versetzt, eine Aufgabe für einen Offiziersanfänger. Eigentlich hatte er mit einer Versetzung zu den Enterkommandos und einen schnellen Tod gerechnet, aber vielleicht wollte man ihm keinen Zugang zu schweren Waffen oder eigenen Männern gewähren. „Negativ Käpt’n, keine Rückmeldung.“ log Julo schnell. „Rufen Sie sie an, Mikulec, auf die Brückenlautsprecher!“ Bei der heiligen Scheiße des Gott-Imperators, dachte sich Julo, jetzt bin ich fällig. „Aye aye, Sir“, bestätigte Julo scheinbar ganz ruhig den Befehl. „Sturm 1 bis 3, geben sie Lageorientierung, over!“ Die Lautsprecher blieben stumm. Der Käpt’n warf Mikulec einen unheilvollen Blick zu, da gellten die Sirenen durchs Schiff „Enteralarm!“

 

Der Käpt’n brüllte, „Waas? Was soll das? Wenn das ein Fehlalarm ist, bringe ich ein paar Leute um!“ „Brückensektion und Hangarsektionen melden Eindringen von Feindkräften, Käpt’n. Reguläre Rauminfanterie und gepanzerte Sturmtruppen.“ bestätigte Ensign Rommines. Julo war der Name des anderen Kommunikationsoffiziers wieder eingefallen. „Eine Falle!“ schnappte Krams. „Sofort von dem Kahn lösen, alle Sektionen Enterabwehr, Schwerpunkt Brückensektion!“ befahl der Käpt’n, der jetzt seinen Monosäbel und seine Handkanone zog. Da krachte es auch schon und das Brückenschott flog in den Raum. Der Explosionsdruck fegte Julo von seiner Konsole. Benommen blieb er liegen. Automatisches Feuer und Laserstrahlen zischten durch den Raum. Er bekam nicht mit, wie der Hauptmann der Sturmtruppen seinen Käpt’n nach einem harten Schwertduell bewusstlos schlug. Schmerz durchzuckte ihn, als sich ein gepanzertes Knie in seinen Rücken bohrte, seine Arme brutal auf den Rücken gerissen und gefesselt wurden.

 

„Julo Mikulec, Leutnant, einer von sechs Kommunikationsoffizieren auf der Intrepid.“ antwortete Julo auf die entsprechende Frage des Vernehmungsoffiziers. „Ich möchte Ihren Käpt’n sprechen.“ Der Vernehmungsoffizier schlug ihn hart mit der gepanzerten Rückhand ins Gesicht. Julos Kopf flog nach hinten. Nur der Umstand, dass er an einen massiven Stuhl gefesselt war, verhinderte, dass er zu Boden stürzte. Er schmeckte Blut in seinem Mund. „Du antwortest nur auf die Fragen, die Dir gestellt werden, Piratenabschaum. Der Lord-Kapitän wird sich mit so was wie Dir kaum abgeben. Aber wenn Du schön meine Fragen beantwortest, lebst Du vielleicht ein paar Tage länger als Deine Kameraden.“ Dabei grinste der Mann hämisch auf ihn herab.

 

Ihr Schiff war offensichtlich schnell erobert worden. Was mit den anderen beiden Schiffen geschehen war, wusste er nicht. Er bekam auf seine Fragen keinerlei Informationen, nur Schläge. Er wusste nicht einmal, ob er sich noch auf der „Intrepid“ befand. Die Luft roch hier anders und das Schiff machte andere Geräusche, also wahrscheinlich nicht. Die meiste Zeit saß er in einer Einzelzelle, an den Handgelenken und Füßen gefesselt, mit einem schwarzen Sack über dem Kopf. Die Wachen behandelten ihn und die anderen Gefangenen sehr ruppig. Sie ließen keinen Zweifel daran, dass sie am liebsten alle Piraten sofort hinrichten würden. Julo war klar, dass er hier keine Gnade erwarten durfte. Sie würden alle Informationen aus im herausquetschen und ihn dann umbringen. Er musste ihnen ein Angebot machen, was sie nur schwer ablehnen konnten. So verriet er dem Vernehmungsoffizier einige wichtige Details und bot wiederholt seine volle Zusammenarbeit an, wenn er dem Lord-Kapitän sein Anliegen vortragen dürfte.

 

Das brachte ihm zwar zunächst nochmals harte Schläge und eingehende, wenig angenehme medizinische Untersuchungen ein, aber schlussendlich schleppte man ihn mit seiner schwarzen Kapuze durch endlose Gänge und Aufzüge in einen Raum und drückte ihn auf einen Stuhl, der auffallend bequem war. Die Wachen zogen ihm die Kapuze vom Kopf. Der Raum war exquisit eingerichtet, wohl ein kleiner Konferenzraum mit einem schweren ovalen Tisch in der Mitte und 10 bequemen Stühlen. An den Wänden hingen exotische Waffen und in Nischen standen Statuen, die auf keinen Fall aus dem Imperium der Menschheit stammten. Interessant. Überraschenderweise löste man seine Hand- und Fußfesseln und Julo schrie kurz auf als wieder das Blut frei in seinen Händen und Füßen zirkulierte. Er rieb sich Hand- und Fußgelenke und bemerkte, dass sich die zwei Wachen an die eine der zwei Türen des Raumes zurückgezogen hatten. Ihre HE-Lasergewehre hielten sie so, dass sie ihn jederzeit niederschießen konnten. Die andere Tür den Raums glitt zur Seite und drei Personen betraten den Raum. Eine Frau mit einem Datapad, das über ein Kabel mit ihrer Stirn verbunden war, offensichtlich eine Protokolladeptin, ein Mann in einer leichten Plattenrüstung mit Rangabzeichen eines Hauptmanns und ein Mann in üppig geschmückten Roben, der darunter eine reich verzierte Plattenrüstung trug. Julo hätte wahrscheinlich auch unter der Kapuze erkannt, dass dies der Lord-Kapitän war. Seine Aura der Autorität war deutlich zu spüren. Jetzt kam es also darauf an, schoss es Julo durch den Kopf, ob er den gnadenlosen Göttern des Warp noch mal von der Schaufel springen konnte. Julo musste gegen seinen Willen schlucken und spürte wie trocken und rau seine Kehle war. Er fluchte innerlich.

 

Die drei Personen nahmen ihm gegenüber Platz. Eine weibliche Servierkraft betrat den Raum und stellte den drei Personen jeweils ein Kristallglas mit einer bräunlich klaren Flüssigkeit in der etwas Gelbes schwamm, auf den Tisch. Wiederrum überraschenderweise wurde auch ihm ein Glas serviert. Mit einer Handbewegung forderte ihn der Lord-Kapitän zum Trinken auf und er musste seine ganze Willenskraft aufbringen, das Glas nicht herunter zu schütten. Trotzdem leerte er es in einem Zug. Es schmeckt herrlich kühl, belebend und fruchtig. Auf einem Wink des Lord-Kapitäns schenkte ihm die Servierkraft nach. Bevor er das Glas erneut greifen konnte, forderte ihn der Lord-Kapitän zu sprechen auf.

 

Julo hatte sich genau überlegt, was er dem Lord-Kapitän vortragen würde, doch war seine Selbstsicherheit plötzlich völlig verschwunden. Eigentlich war sein Gehirn leergefegt. Doch es gab keine zweite Chance. Er räusperte sich und legte seine Karten auf den Tisch Er bot ihnen nichts weniger als das ganze Piratennest an, unter der Bedingung, dass er Crastus töten konnte. Der Lord-Kapitän hörte ruhig zu, stellte immer wieder Zwischenfragen, und so zog sich das Gespräch über Stunden hin. Zwischendurch brachte die Servierkraft exquisite Häppchen, die auch ihm serviert wurden und er langte herzhaft zu. Sein Magen begann zu rumoren und Julo brach der Schweiß aus. Er brauchte dringend einen Abtritt. Als er seinen Wunsch äußerte, verzog der Hauptmann missbilligend das Gesicht, doch der Lord-Kapitän lächelte nur amüsiert und wies die beiden Wachen an, ihn zur nächsten Toilette zu bringen. Zwar durfte er die Tür nicht schließen und er musste seinen Darm vor den Mündungen der Lasergewehre entleeren, aber es war ihm ziemlich egal. Die Toilette war der luxuriöseste Abtritt, den er je auf einem imperialen Raumschiff gesehen hatte. Sie war geräumig, mit Wachbecken und aus versteckten Lautsprechern kam erbauliche Musik. Die Lüftung saugte die unangenehmen Gerüche auf und versprühte irgendeinen exotischen Duft. So eine ähnliche Anlage hatte er das letzte Mal vor etlichen Jahren in einem Edelpuff auf Malfi gesehen, in den ihn sein Bruder Tullar geschleppt hatte. Wieder durchzuckte ihn der Schmerz und er versprach seinem Spiegelbild über dem Waschbecken erneut Crastus für den Tod seines Bruders zahlen zu lassen. Tullar war ein harter Hund gewesen, der Gelegenheiten erkannte und dann skrupellos zugriff. So hatte er es zum Kapitän eines Zerstörers gebracht. Doch um seinen „kleinen“ Bruder kümmerte er sich ohne Wenn und Aber. Sie waren sich sehr nahe gestanden, wie Brüder eben.

 

Die Wachen wollten ihn wieder zu dem Konferenzraum zerren, doch er, schon viel mutiger geworden, begann sich lauthals zu beschweren. Und tatsächlich, die Wachen ließen von ihm ab, nicht ohne ihm tödliche Blicke zuzuwerfen, die nichts Gutes für die weitere Gefangenschaft versprachen. Aber Julo war es einerlei. Wenn er es nicht schaffte, den Lord-Kapitän zu überzeugen, war sein junges Leben eh verwirkt. Mit seinen 26 Standardjahren hatte er schon mehr erlebt als die meisten imperialen Bürger in ihrem gesamten Leben. Er war im All geboren auf einem Schiff, dessen Namen er längst vergessen hatte. Als er drei Jahre alt war, wurde ihr Schiff von Piraten gekapert und die beiden Brüder verschleppt. Eigentlich hätten sie als Sklaven verkauft werden sollen, aber sein Bruder erkannte gleich, dass es vorteilhaft war, sich nützlich zu machen. So übernahm sein Bruder kleine Botengänge für den Gefängnisaufseher und er durfte ihn begleiten. Bald durften sie überall auf dem Schiff hin und wurden vielen Piraten wie Maskottchen behandelt. So schafften sie es sich im Laufe der Jahre hochzuarbeiten. Sie übernahmen jeden Job und versuchten ihn so gut wie möglich zu erledigen. Das gelang ihnen immer gut und so stiegen sie in der Hierarchie der Piraten unaufhaltsam auf. Bis es für sie beide abrupt endete. Für seinen Bruder sogar ultimativ. Jetzt musste er für sich selber sorgen. Doch trotz dem sein Bruder immer schützend die Hand über ihn gehalten hatte, hatte die Schule des Lebens ihn innerlich hart gemacht und die Eigenschaft Gelegenheiten zu erkennen und auszunutzen war allen Mikulecs zu Eigen.

 

Das „Verhör“ ging noch etliche Zeit weiter. Der Lord-Kapitän ließ sich keine Reaktion anmerken. Die Wachen fesselten ihn, setzten ihm wieder die Kapuze auf den Kopf und schafften ihn unter heftigen Knüffen und Stößen zurück in seine Zelle.

 

Julos Mut sank immer mehr. Seine Haftbedingungen hatten sich kaum verbessert. Nur die Kapuze blieb ihm erspart und er wurde auch nicht mehr verhört. Man hatte ihn wohl ganz einfach vergessen. Da wurde er eines Tages aus seiner Zelle geholt. Er kam wieder unter die Kapuze und wurde wieder durch endlose Gänge geschubst. Er landete wieder in dem gleichen Raum. Diesmal saßen neben dem Lord-Kapitän fünf Gestalten, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Ein bulliger Schläger, ein offensichtlicher Techpriester und drei, die er nur schwer einordnen konnte. Von dem einen ging tödliche Gefahr aus, das spürte er deutlich, der andere hatte etwas Wildes an sich, dass allerdings kaum wahrzunehmen war. Der Lord-Kapitän stellte Julo und die Herren vor. Der Bulle war also der Seneschall, überraschend, der Techpriester hieß Tyrus, der mit der tödlichen Aura wurde als Schwertmeister vorgestellt, der „Wilde“ als Adept Cambridge, ungewöhnlich, und der dritte Unbekannte wurde als Tech vorgestellt. Dabei zuckte nur ganz unmerklich die linke Augenbraue des Techpriesters. Da gab es wohl Spannungen zwischen den beiden. Interessant. Vermutlich theologische. Kein Wunder, bei den Maschinenküssern gab es mehr Fraktionen als auf einem Haufen Grox-Scheiße Fliegen und die waren sich nicht immer grün, oftmals bekämpften sie sich bis auf das sprichwörtliche Messer, wenn man den Gerüchten Glauben schenken durfte.

 

Wenn Julo dachte, er wäre schon gründlich verhört worden, so hatte er sich getäuscht. Besonders der Seneschal und der Tech quetschten ihn aus wie eine simalesische Zitrusfrucht. Diesmal gab es keine Häppchen. Er wurde aber nach dem Verhör nicht mehr gefesselt und kam in der Nähe des Konferenzraums in ein einfaches, aber sauberes Quartier. Die beiden Wachen blieben vor der Tür. Auch brachte man ihm seine gepanzerte Kleidung wieder, sogar seine geliebte Landsknecht-10-Autopistole, natürlich ohne Munition. Die nächsten Wochen vergingen in endloser Langeweile. Das Schiff war wohl in Bewegung und wechselte in den Warp. Ab und zu kam eine der Gestalten vorbei und fragte ihn nach dem einen oder anderen Detail. Seine Fragen wurden ausnahmslos nicht beantwortet. Er sollte später instruiert werden. Das Schlimmste war die Unsicherheit. Was planten die Männer des Lord-Kapitäns und welche Rolle war für ihn vorgesehen? Es war zum Haare ausraufen. Doch dann trat das Schiff aus dem Warp und er wurde in einen Hangar eskortiert.

 

Da stand das alte, vergammelte Shuttle der „Intrepid“, der Lord-Kapitän, Wachen und Techs und fünf Piraten, nein es waren die Männer des Lord-Kapitäns in Piratenkleidung. Unglaublich! Man forderte ihn auf die Männer zu begutachten und er konnte an den Outfits nur wenig verbessern. „Diese Pistolen werden auffallen.“ sagte er mit Blick auf die Waffen der Männer, „so eine Plasmapistole“ er deutete auf die Waffe des Techpriesters, „hat nur Crastus selbst und solche Boltpistolen haben nicht mal alle Kapitäne.“ Dabei deutete er auf die beiden Holster des Seneschalls, „und so eine Pistole habe ich überhaupt noch nicht gesehen.“ sagte er in Richtung des Tech. Die Angesprochenen versteckten ihre auffälligen Waffen unter ihrer Kleidung und wählten einfache Waffen, die sie offen trugen. Der Lord-Kapitän sprach ihn an: „Bringen Sie die Männer in das Piratennest. Sorgen Sie dafür, dass der Auftrag ein Erfolg wird und ich verspreche Ihnen, dass sie nicht hingerichtet werden.“ Julo glaubte ihm kein Wort, aber er wollte nur seine Rache. Und das würde er jetzt so oder so schaffen. Natürlich würde er gerne das Ende Crastus Elis persönlich herbeiführen, aber man musste sich zufrieden geben, was man bekam. Also nickte er und erwiderte: „Soweit klar, ich nehme an, ich werde auf den Hinflug in den Auftrag eingewiesen.“ Korrekt“ sprach der Seneschall und wollte auf das Shuttle aufsitzen, doch der Lord-Kapitän hielt ihn zurück und sprach über sie alle den imperialen Segen. Wieder so etwas Ungewöhnliches. Diese Freihändler waren schon ein sehr eigenes Völkchen, auch wenn sie im Auftrag der imperialen Flotte unterwegs waren.

 

Er durfte sich sogar auf den Co-Pilotensitz setzen und unter den wachsamen Augen des Techpriesters den Navigationscogitator bedienen. Der Tech saß an der Steuerung und ließ ohne lange Rituale - außer man verstand unter „Komm, Du Scheißeeimer!“ und das mehrmalige Schlagen mit der Faust auf die Steuerkonsole ein Ritual - die Motoren anspringen. Dieses Shuttle war nicht nur alt, sondern auch in einem besonders schlechten Zustand. Zwar waren einige wesentlichen Teile repariert worden, doch eine ausgiebige Werftliegezeit konnte das nicht ersetzen. Die Maschine hob widerwillig ab und beschleunigte mit zunächst stotternden Triebwerken zum Hangar hinaus in das große Asteroidenfeld im Sonnensystem Xi-Iota-14. In einem seiner Asteroiden befand sich die geheime Station der schwarzen Wölfe von Uraha, wenn sie sich in diesem Bereich des Subsektors aufhielten.

 

Der Tech, den sie Kale nannten, flog mit einigem Geschick durch die treibende Flut der Gesteinsbrocken. Sie näherten sich der Piratenbasis auf der stationsabgewandten Seite. Julo hatte ihnen von der Ortungsstation dort erzählt, über die man leicht in die Basis eindringen konnte. Die Piraten rechneten nicht wirklich mit einem Angriff. Sie verließen sich darauf, dass die imperiale Flotte den Standort ihres Stützpunkts nicht kannte und auch nicht herausfinden würde. Der Asteroid auf bzw. in dem das Piratennest lag, hatte einen ungefähren Durchmesser von 120 km, hatte keine Eigenrotation und eine annähernd stabile Umlaufbahn um die rote Riesensonne. Die Piratenbasis wurde in einem verlassenen Bergwerkskomplex gebaut und beherbergte jetzt ca. 60 000 Bewohner, nicht alles Piraten, auch eine große Menge Arbeitssklaven schufteten hier, um die Anlage weiter auszubauen und in Betrieb zu halten. Tech Kale ließ das Shuttle auf den Asteroiden zutreiben und zündete erst kurz vor dem Aufschlag die Bremsdüsen. Diese arbeiteten offenbar unzuverlässig und das Shuttle schlug hart in einer riesigen Staubwolke auf. Die Landestützen verbogen sich und brachen ab. Mancher Passagier flog kopfüber durch den Laderaum und keiner kam ohne Blessuren davon. Das Schiff war so schwer beschädigt, dass es sich von alleine nicht mehr von diesem Gesteinsbrocken erheben würde. Es gab also keine schnelle Fluchtmöglichkeit mehr. Julo war das eher egal. Er wollte Crastus töten. Was danach geschah, würde man dann schon sehen.

 

Die Männer des Lord-Kapitäns überwältigten die kleine Besatzung und deren eine Stunde später eintreffende Ablösung im Handumdrehen. Julo war mehr als beindruckt. Besonders der Schwertmeister zeigte eine geradezu übernatürliche Schnelligkeit. Das grenzte schon an Hexerei. Julo vermutete genau dieses und beschloss von dem Mann so viel Abstand wie möglich zu halten. Die Leichen wurden versteckt und schon ging ´s ins Innere der Station. Die Wachen am Kontrollposten waren mehr gelangweilt als aufmerksam und so kamen sie in den Bereich der Mannschaften und des ganzen „Unterstützungspersonals“: Barbiere, Wirte, Huren, Wahrsager, Spieler, Drogendealer, Tänzer, Gaukler, Straßenhändler, Tätowierer, Masseure, Handwerker, Quacksalber, Wasch- und Putzkräfte. Die Gänge wurden durch eine Vielzahl von Buden und Verkaufsständen verengt, die teilweise übereinander gebaut waren und es drängten sich Massen von Leuten durch das so entstandene Labyrinth. Man sah die unterschiedlichsten menschlichen Rassen, aber auch viele Abnormale und sogar den einen oder anderen Xenos. Julo fühlte sich gleich wieder daheim und genoss den Trubel, kaufte sich eine Kleinigkeit zu essen, feilschte mit ein paar Händlern und achtete darauf, dass seine Begleiter nicht zu sehr auffielen. Gerade der Tech Kale Loic hatte ein ziemlich loses Mundwerk und es kam wie es kommen musste. Es brach eine wilde Schlägerei in der Kneipe aus, wo sie eigentlich was essen wollten. Erst flogen Fäuste, dann Stuhlbeine und anderes Mobiliar. Ein verwegener Pirat hämmerte Adrian den Spucknapf auf den künstlichen Schädel, was dieser nicht unbeantwortet ließ. Die Securitate rückte mit acht Mann an, schlug ein paar Schädel ein und stellte sehr schnell die Ordnung wieder her.

 

Julo und seine neuen „Freunde“ machten sich unauffällig aus dem Staub. Julo hatte nichts dagegen, hatte er doch einige seiner alten Kameraden wieder gesehen, die ihn ziemlich offensichtlich mieden. So begannen sie den gesamten Bereich zu erkunden. Es gab hier einen großen Hangar- und Lagerbereich mit regem Betrieb und Sklavenkolonnen waren in den Stollen unermüdlich bei der Arbeit, streng von Securitateleuten bewacht. Es gab ein offizielles Cogitatornetzwerk, aus dem man schließen konnte, welche Schiffe zur Zeit bei der Station lagen, aber es gab auch geschlossene Bereiche zu den der Zugang nur mit speziellen Passierkarten möglich war.

 

In ihrer Unterkunft wurde Julo endlich eingeweiht. „Ihr wollt was? In die Kommandozentrale?“ Julo entwich ein leicht hysterisch klingendes Lachen. „Na, wenn ´s weiter nix ist.“ Julo zuckte mit den Schultern. Einerseits brachte ihn das einen großen Schritt näher an seine Rache, andererseits lief es ihm eiskalt den Rücken hinunter, mit dieser zusammengewürfelten Truppe den bestgesicherten Bereich der Basis anzugreifen. „Ihr werdet Passierkarten für die oberen Bereiche brauchen. Ich kann was besorgen, aber dazu muss ich allein sein, brauche 10.000 Schekel und das wird uns sicher nicht bis in die Kommandozentrale bringen.“ Die Männer des Lord-Kapitäns waren einverstanden und ließen ihn mit dem Geld ziehen, was Julo wieder mal nicht wenig überraschte.

 

Aber jetzt galt es die Gelegenheit zu nutzen. Er huschte durch den Markt und abgelegene Gänge, um etwaige Verfolger abzuhängen, ging dann zu einem Händler und kaufte sich erst mal zwei Magazine panzerbrechende Munition für seine Landsknecht-10-Präzisionspistole sowie ein kleines, scharfes Messer. Danach galt es Lobo, den Wolf zu finden. Sein Bruder pflegte immer zu sagen: „Wenn einer was besorgen kann, mein kleiner Bruder, dann ist das Lobo“.

 

Er ging in die Spelunke, in der sein Bruder und er Lobo das letzte Mal getroffen hatten und erkundigte sich bei dem einbeinigen Wrack, was hier als Barkeeper arbeitete. Der blickte mit seinem einen Auge nur auf einen mit einem schmutzigen Vorhang verdeckten Durchgang vor dem wie zufällig zwei Schläger herumlungerten. Der Eine versperrte ihm auch sofort den Weg und fragte ihn, was er wolle. „Geschäfte mit Deinem Boss, und jetzt schau, dass Du aus dem Weg kommst.“ Dabei ließ er ein Bündel große Scheine sehen. Der Schläger spukte ihm vor die Füße und verschwand hinter dem Vorhang. Der andere richtete eine Schrotflinte auf ihn und bedeutete ihm zu warten. Nach ein paar Minuten kam der Schläger wieder und hielt ihm den Vorhang auf.

 

Nachdem er einen zweiten Vorhang zur Seite geschoben hatte, kam er in einen kreisrunden Raum mit einem großen Zockertisch. Die Luft war geschwängert von Obscura und Schlimmeren. Die Entlüftung hatte hier wohl Probleme. Zwischen zwei grell geschminkten, fast nackten Schlampen saß ein untersetzter, muskelbepackter Mann mit einer offensichtlich mehrfach gebrochenen Nase und mehreren Narben auf seinem kahlrasierten Schädel. Er trug nicht mehr als ein Unterhemd, was vielleicht einmal weiß gewesen war und eine Drillichhose in Dschungelfarben. Zwei weitere Typen saßen an dem Tisch, massig gebaut mit tätowierten Oberarmen, die sie als Mitglieder der Crew13 auswiesen, der gefährlichsten Gang hier unten. Sie trugen breite Entermesser und Pistolen im Gürtel.

 

„Was willst Du hier, Bruder eines anerkannten Versagers?“ begrüßte ihn Lobo mit einer vom vielen Obscura-Rauch und schlechten Amasec rauen Stimme. Julo ging auf die Provokation nicht ein. „Ich brauche fünf Passierkarten für die obere Ebene. Und ich muss weg von diesem Felsbrocken.“ Lobo lachte laut auf. „Da geht gar nix. Die werden hier unten nicht erstellt. Und nach oben habe ich kaum Zugriff. Bedaure.“ Julo überlegte kurz. „OK, machen wir es anders, ich brauche zwei Securitate-Armbinden und ein Datapad mit einem Techauftrag für drei Mann für die nächste Ebene.“ Lobo verzog seine fleischigen Lippen. „Da könnte man was machen. Wird aber sehr teuer.“ „1.000,00 Schekel“ bot Julo an. Lobo lachte wieder laut. „Das kannst Du vergessen. Minimal 5.000.“ Nun lachte Julo. „2.000, mein letztes Wort“ Lobo schnaubte verärgert: „Verschwinde, Julo, bevor ich meine Manieren vergesse und Dich an den Boss verschacher. Komm wieder, wenn Du das Geld hast!“ „Also gut, 5.000, aber ich brauche auch eine Lösung für mein zweites Problem.“ „Da geht gar nix, wenn Du nicht auf eins der Schiffe willst, die hier vor der Station liegen.“ „Nee, das will ich nicht.“ gestand Julo, „gibt’s keine andere Möglichkeit?“ „Nicht, dass ich wüsste. Aber Du könntest mal beim blinden Dwern anfragen. Der war 30 Jahre lang das Faktotum vom Boss. Zwar ist er jetzt die meiste Zeit hackedicht und schweigsam wie ein Grab, wenn es um „seinen“ Boss geht, aber vielleicht kannst Du ja seine Zunge lösen.“ Lobo lachte hämisch. „Schieb die Kohle rüber und hol die Sachen in vier Stunden hier ab.“ Julo verließ die Spelunke und fragte sich zum blinden Dwern durch. Der hatte Crastus lange als persönlicher Leibdiener gedient, doch als er schwer krank wurde, hat ihn der Anführer der schwarzen Wölfe von Uraha ersetzen lassen. Dwern wurde wieder gesund, verlor jedoch sein Augenlicht. Die Verstoßung hat er niemals verkraftet, wurde zum Säufer, doch blieb weiterhin loyal zu seinem alten Chef.

 

In der fünften Kneipe fand er ihn, ein alter Mann mit Augenbinde, völlig verdreckt mit zerzaustem, schmutziggrauem Haar und schon wieder gut betankt. Bei vielen Piraten hieß es, es bringe Glück, dem blinden Dwern einen auszugeben. Wahrscheinlich hatte der alte Säufer das Gerücht selbst in Umlauf gebracht. Auf jeden Fall hörten wieder einige Angetrunkene seinen Geschichten zu, johlten und machten sich einen Spaß daraus Dwern abzufüllen. Julo verscheuchte die Säufer und setzte sich an den Tisch. „Wer bisd‘n Du?“ fragte der blinde Dwern. „Ich bin Julo, Tullars Bruder“, antwortete Julo. Der blinde Dwern schüttelte heftig den Kopf. „Hädde er nich dun dürfn. Einen Käpdn in Kobb schießn. Hädde er früjer nie gemachd, nie, nie.“ Dwern leckte über seine rissigen Lippen, „Gibbs mir einen aus? Soll Glügg bringn, weißd? „Später“, erwiderte Julo, „hör mir mal zu! Wenn Du von der Station weg wolltest und Du keins der Schiffe im Orbit benutzen möchtest, was würdest Du tun?“ Dwern überlegte und nuschelte dann: „Mhm, geine Schangse, geine Möchlichgeit! Gehd gar nich!“ Julo fragte weiter: „Wenn Du aber der Boss wärst, hättest Du bestimmt eine Möglichkeit, so eine Art Rückversicherung, oder nicht?“ „Da Boss?“ flüsterte Dwern und kam mit dem Kopf ganz nah zu Julo, so dass der seinen stinkenden Schnapsatem nicht ausweichen konnte. „Na glar. Der is schlau. Der hadd‘n Schaddel.“ Julo stöhnte auf. „Das nützt doch nix, wenn Du kein Schiff hast, Dwern.“ Dwern grinste: „Doch, Du Schlaumaia, da Boss is schlau, jawoll.“ Julo verstand nicht. „Was heißt das?“ Dwern legte den Finger auf die Lippen. “Psst, daaf ma nich verraten!“ Julo verdrehte die Augen: „Sollst Du ja auch nicht, Dwern, bist ja loyal, versteh schon.“ „Hasd völlich rechd, Dwern is lo, loial, jawoll.“ Dann beugte er sich wieder über den Tisch. Julo sah, dass Dwern nur noch wenige verfaulte Zähne im Mund hatte und hielt den Atem an. „Da Boss haddn Schaddell un ne Asdopadin. Mit der ruft er da schaafe Klingge. Die holdn dann ab. Aba da kommste nich hin. Is alles daumenkodiert. Ich gonnte durch, aba jetz nich mehr, kannste mit mein Daum nich mer mach. Geine Schangse für unsereinen, nee. Mippm rechdn Daum von Schef kommsde übaall hin. So, un etz gibsde ein aus! Jawoll.“ Julo kaufte dem blinden Dwern zwei Flaschen besten Schnaps, ließ sich noch ein paar Geschichten erzählen und verließ die heruntergekommene Bar. Er holte sich die Sachen bei Lobo ab und kehrte ins Quartier zurück.

 

Am nächsten Morgen brachen sie zur mittleren Ebene auf. Die Wachen prüften ihre Papiere genau und nach ein paar Schwierigkeiten konnten sie passieren. Der Tech Kale Loic suchte sich ein Wartungsterminal und setzte sich auf den Dienstplan der Techzentrale dieser Ebene. Auf den Gängen ging es deutlich ruhiger zu. Die Ebene war deutlich kleiner. Hier wohnten die Offiziere und wichtige Spezialisten. Es gab richtige Restaurants und Geschäfte, aber auch Bars und andere Vergnügungseinrichtungen. Sie tingelten durch die Restaurants und Bars, während Tech Loic seine Schicht ableistete. Nach 8 Stunden kam er wieder, ziemlich frustriert von der Arbeit und dass er keine Datenverbindung in die militärische Ebene gefunden hatte. Allerdings hatte er einen Energieleitungsschacht entdeckt, der zur obersten Ebene führen sollte. Sie brachen sofort auf, da sie langsam Angst hatten hier aufzufallen. Obwohl die Tür ein gutes Sicherheitsschloss hatte, knackte es der Tech im Handumdrehen. Sie kletterten eine rostige Leiter über 40 m hoch. Neben ihnen liefen vibrierende Energieleitungen.

 

Am nächsten Wartungsterminal auf der oberen Ebene gelang Kale Loic dann sein Meisterstück. Er fälschte einen Wartungsauftrag für die Brückenschottkontrollkonsole in der Kommandozentrale und setzte seine und die Deckidentität des verkleideten Techpriesters auf die Auftragsliste. Damit kamen die Beiden unangefochten in die Kommandozentrale. Derweil bereiteten sich Julo und die restlichen drei auf den Sturm der Kommandozentrale vor. Kale übernahm heimlich die Außenkameras und spielte eine Schleife auf. Daraufhin griffen die anderen die äußeren Wachen an, überraschten diese und schalteten sie aus. Trotzdem brach in der Kommandozentrale ein Alarm los und jetzt geschah vieles gleichzeitig. Julo hörte Schüsse und Schreie, sah, wie der Seneschall schwer getroffen wurde und trotzdem weiter kämpfte. Dann brach der Adept hinter einer Konsole zusammen. Sein linker Unterschenkel war nur noch ein blutiger Klumpen. Als Julo durch das Schott in die Kommandozentrale hechtete, herrschte dort komplettes Chaos. Überall waren reichlich Blut und Leichen. Die überlebenden Leibwachen des Kommandanten und Crastus, in seiner verzierten Servorüstung schrecklich anzusehen, wehrten sich mit großem Geschick. Der Rest der Brückencrew war eher panisch und gab meist nur ungezielte Schüsse ab. Julo erschoss schnell zwei von denen und pirschte sich näher an Crastus ran. Dieser kämpfte mit seinem mächtigen Kettenschwert gegen die filigrane, bläulich leuchtende Klinge des Schwertmeisters. Plötzlich schoss der Techpriester mit seiner Plasmapistole Crastus in den Kopf. Doch selbst das fällte den Riesen nicht. Da sprang Julo auf und leerte sein ganzes Magazin panzerbrechender Kugeln in den Riesen. Dies und ein weiterer Plasmatreffer, der seinen linken Arm nahezu abschmolz, fällte Crastus Elis, den Schrecken aller Handelsschiffe im Calixis-Sektor, endgültig und für immer. Die Männer des Lord-Kapitäns trieben die übrigen Mitglieder der Brückenbesatzung zusammen und versorgten ihre Schwerverwundeten. Niemand achtete weiter auf ihn. Er näherte sich wie zufällig dem toten Kommandanten, nahm ihm seine antike Plasmapistole aus der Hand, zog ihm den Servohandschuh aus und schnitt ihm mit seinem Messer den rechten Daumen ab. Er versteckte den blutigen Daumen in seiner Tasche. Jetzt musste er nur noch den Daumenabdruckscanner finden. Er suchte einige Zeit die Wandpanele ab und fand dann endlich eine kleine Klappe. Und richtig, da war der Daumenabdruckscanner. Die Männer des Lord-Kapitäns übernahmen derweil die Kommandozentrale und damit auch die Zielzuweisung für die mächtigen Makrokanonen der Station. Als die Flotte des Lord-Kapitäns nach Stunden eintraf, halfen die Kanonen die überraschten Piratenschiffe zu glühenden Wracks zu schießen.

 

Julo drückte den Daumen auf den Scanner und leise zischend fuhr eine Wandpanele zur Seite. Er schlüpfte schnell hindurch und folgte dem Gang in die Privatquartiere des Kommandanten. Der Daumen öffnete alle Türen. In einem Nebenraum fand er die Astropathin, eine unglaublich alte verschrumpelte, blinde Frau. „Rufe die „Scharfe Klinge“! Sie soll mich so schnell wie möglich am Ortungsposten 2 abholen.“ „Du bist nicht Crastus. Du bist nicht autorisiert, Nachrichten zu versenden.“ Die Alte kicherte irre. Julo drückte ihr die Landsknecht-10 an die Stirn. „Das ist meine Autorisierung. Sende die Nachricht oder verrecke!“ Die Alte schaltete ihre Geräte ein, legte den Kopf in den Nacken und sagte nach einer Weile, dass sie die Nachricht gesendet und die „Scharfe Klinge“ den Empfang bestätigt habe. Julo schoss ihr in den Kopf. Sicher ist sicher. Er durchsuchte schnell das Arbeitszimmer des Anführers und fand gegenüber dem mächtigen Schreibtisch hinter einem Schlachtengemälde einen kleinen Safe. In ihm lagen eine reich verzierte Boltpistole, ein paar Schekelbündel und eine Ledertasche voller alter Dokumente. Julo packte alles zusammen und suchte das Shuttle. Nach kurzer Zeit fand er den Hangar und startete das kleine, aber gut gewartete Schiff. Als er die Station verließ, sah er gerade die Reste der Piratenflotte verglühen und die Rauminfanterie des Lord-Kapitäns die offenen Hangars stürmen.

 

Seine Rache hätte vollständiger nicht sein können. Ein Fest für die dunklen Götter! Jetzt musste er noch die Kapitänin der „Scharfen Klinge“ überzeugen und seine Zukunft sah gar nicht mehr so trostlos aus.