Ein Insider!!

Drei Jahre zuvor…

 

Maschinenseher zweiter Klasse Glorus Tren rügte einen Tech-Wart der Vormittagsschicht scharf, der die Rituale des Omnissiah an einer heiligen Maschine nachlässig ausgeführt hatte. Der Mann entschuldigte sich hastig und begann sofort die Riten nochmals durchzuführen. Natürlich würde ihm die Zeit vom Lohn abgezogen. Tren war hier ganz genau und trug die Fehlzeit in seinem Datapad ein. Hier in den Rüstungsschmieden der Batuner Maschinenwerke wurden Bauteile für Leman Russ Panzer gefertigt, die dann auf Opus Macharius, einer Fabrikwelt des Mechanicus, zusammengebaut wurden. Tren überwachte einen Teil der Gießerei, in der der hochwertigste Panzerstahl des von Menschen besiedelten Universums hergestellt wurde. Die Legierung wurde aus verschiedenen Erzen nach einer nur dem Mechanicus bekannten Formel gemischt und verschmolzen.

 

In der Gießerei herrschten unmenschlich hohe Temperaturen. Trotzdem trugen die Männer an den Schmelzstraßen schwere Schutzkleidung. Immer wieder kam es vor, dass flüssiger Stahl von der Schmelzstraße wegspritzte, der bei ungeschützten Körpern erhebliche Verbrennungen verursachen könnte. Der Mechanicus hatte erkannt, dass solche Vorfälle die Produktivität negativ beeinflussten und deshalb auf Schutzkleidung bestanden. Tren sah sich um und bemerkte den Höheren Maschinenseher Timos Klier, seinen direkten Vorgesetzten auf sich zukommen. Schnell überprüfte er seinen Bereich auf Nachlässigkeiten oder Fehler. Doch alles schien in Ordnung. Klier war nicht für seine Nachsicht bekannt, im Gegenteil. Der Höhere Maschinenseher überwachte den gesamten technischen Ablauf der Gießerei und merzte jeden Fehler mit der Präzision einer Maschine aus. Meist bestand der Fehler aus Fleisch und Blut und dann mussten sich die Sektionsverantwortlichen, wie er einer war, rechtfertigen.

 

Timos Klier ließ seinen Blick inspizierend durch die Sektion schweifen. Gleichzeitig prüfte er den Statusbericht, dem ihn Tren in Binärsprache unaufgefordert übermittelt hatte. „Ihr Verbrauch an gesegnetem Maschinenöl ist schon wieder gestiegen. Maschinenseher Tren, wie oft muss ich sie noch belehren, dass die Ressourcen des Mechanicus wertvoll und nicht unerschöpflich sind. Wenn die Produktionskosten beständig steigen, werde ich mich vor dem Fabrikherrn rechtfertigen müssen.“ Zwar ließen sich bei einer Binärkonversation kaum Emotionen „heraushören“, aber Tren war klar, dass es dem Höheren Maschinenseher zutiefst zuwider wäre, sich vor dem Fabrikherrn zu rechtfertigen. Tren ließ die Rüge still über sich ergehen. Was sollte er auch sagen? Dass die Maschinenausstattung Jahrhunderte alt war, dass das Wartungspersonal zum größten Teil schlecht ausgebildet und häufig bedenklich ablenkbar war? Das alles wusste sein Vorgesetzter. Insgesamt handelte es sich eher um eine läßliche Nachlässigkeit. Eigentlich stellte diese Rüge sogar eine Art Lob dar, hieß es doch, dass der Höhere Maschinenseher nichts Gravierenderes gefunden hatte.

 

Um ein Haar hätte er die letzte Anweisung „überhört“: „Bereiten Sie Ihre Sektion auf die Emendation der Cogitatoren vor. Wir haben von Opus Maccharius entsprechende Daten erhalten.“ Das war mal was Ungewöhnliches. Normalerweise sind die Cogitatorsysteme des Mechanicus für alle Zeiten optimiert. Trotzdem kann es in Hunderten von Jahren mal vorkommen, dass eine Emendation durchgeführt, das heißt ein Update aufgespielt, wird. Glorus Tren wurde ganz aufgeregt. Dass er das Ritual der Emendation mit erleben durfte. „Kein Grund menschliche Schwäche zu zeigen, Maschinenseher Zweiter Klasse, es sind nur unbedeutende Veränderungen auf Grund eines kürzlich entschlüsselten Datenfragments, der Omnissiah ist unfehlbar.“ wies ihn sein Vorgesetzter mit ungewöhnlich viel Worten zu Recht. Anscheinend war die in ihm noch vorhandene menschliche Seite genau so aufgeregt. „Der Omnissiah ist unfehlbar.“ erwiderte Tren schnell die Floskel, Klier drehte sich um, was das Gespräch unmissverständlich beendete.

 

Die Wochen vor dem Ritual waren angefüllt mit umfangreichen Aktivitäten. Die Maschinenseher schoben Extraschichten, legten Datenverbindungen und bereiteten alle Cogitatoren entsprechend den Ritualbüchern des Mechanicus vor. Am Tag des Rituals versammelten sich alle Techpriester in der Maschinenkathedrale und der hochangesehene Magos Jirus Ascendos, Oberster Techpriester der Batuner Maschinenwerke, selbst führte das Ritual durch. Glorus Tren stand gemäß seines Ranges in den hinteren Reihen der Techpriesterschaft. Nur wenige Reihen hinter ihm standen die Tech-Warte als staunende Zuschauer. Da sie nicht zur Binärkonversation fähig waren, würden sie wichtige Teile des Rituals nicht mitbekommen. Doch ausgerechnet jetzt begann eine automatische Routinewartung seiner binären Systeme. Er wagte es nicht, die Routine zu unterbrechen, doch die Folge war, dass er jetzt kaum noch was vom Ritual mitbekam. Seine bionischen Augen zeigten nur noch Schwarz-weiß-Bilder und sein Gehör war von einem starken Rauschen unterlegt. Seine Schaltkreise wurden zu 100 % ausgelastet.

 

Das Ritual schritt voran, die neuen Daten wurden an alle Systeme in den Maschinenwerken übermittelt, auch die Techpriester aktualisierten ihre bionischen Systeme. Daten wurden durch den neuen Code überschrieben. Plötzlich hörte man aus den Maschinenhallen ohrenbetäubendes Krachen und Schreie, dann Explosionen. Doch viel grausamer war, was sich vor Trens Augen abspielte. Magos Ascendos laute, künstliche Stimme wurde plötzlich unartikuliert und völlig unverständlich. Seine Mechandriten und künstlichen Gliedmaßen begannen unkontrolliert zu zucken. Dann brach er unter lautem Scheppern zusammen. Auch die anderen Techpriester begannen zu zucken und brachen reihenweise zusammen. Die Tech-Warte gerieten in Panik und drängten sich schreiend und schiebend zu den Ausgängen. Trens letzte Sinneswahrnehmung war der Geruch von Rauch und austretendem Maschinenöl. ‚Welch eine Verschwendung‘ dachte der Maschinenseher noch, bevor seine bionischen Systeme eine Sicherheitsabschaltung vornahmen.

 

Inspectarius-Sekutor Marman Bresson analysierte die hereinkommenden Daten seines Inspektionsteams. Die Batuner Maschinenwerke hatten durch Cogitatorfehlfunktionen erhebliche Schäden erlitten. Die Produktion stand vollständig still, was eigentlich die noch größere Katastrophe war. Täglich gingen dem Fabrikherrn Millionen Shekel verloren, doch für Marman war das alles sekundär. Er hatte herauszufinden, wieso es zu diesem Unglück kommen konnte und wer oder was dafür die Verantwortung trug. Bis jetzt hatten sie noch nicht ermitteln können, woher dieses Cogitatorkorruptionsprogramm stammte. Alle Transkriptionsprotokolle, ja alle Sourcecodes waren vollständig gelöscht bzw. die Cogitatoren selbst durchgebrannt und damit alle Spuren vernichtet. Auch alle Bildaufzeichnungen waren gelöscht. Sie hatten nur einen einzigen kompetenten Augenzeugen, der Mechandritsträubendes berichtete. Er wurde auf seinen Befehl sofort isoliert und nach Opus Maccharius gebracht. Dort standen ihm weitere intensive Verhöre bevor, bevor man ihn zu seinem eigenen Besten einer vollständigen Erinnerungslöschung unterziehen würde. Sein Stellvertreter unterbrach seine Gedanken. „Die Kommunikations- und Kurierprotokolle von Opus Maccharius enthalten keinen Hinweis auf eine Emendation.“ „Also müssen die befleckten Programme von diesem Planeten kommen?“ fragte Marman. „Möglich“ erwiderte der deutlich jüngere Sekutor, „aber unwahrscheinlich. Dieses Programm muss sehr hoch entwickelt sein, um unsere Schutzmechanismen in solchem Umfang zu überwinden. Ich vermute, es kommt von außerhalb. Allerdings muss der Verursacher unsere Vorgehensweisen und Protokolle sehr genau kennen. Sonst hätte er den seligen Magos Ascendos nicht täuschen können“ „Wir müssen die Frage beantworten, wer Interesse daran hat, dem Mechanicus von Opus Maccharius so zu schaden. Dann beantworten sich die anderen Fragen leichter.“ entgegnete Bresson. „Schaffen Sie alle überlebenden Techpriester von hier weg, demontieren Sie sämtliche Cogitatoren hier. Ich werde offiziell verkünden, dass der Fehler durch die nachlässige Sicherheit des Fabrikherrn aufgetreten ist und ihm die Regressforderungen des Mechanicus präsentieren.“ Sein Stellvertreter lachte kurz auf. „Das wird ihn in Rage bringen.“ „Na und?“ Marman machte ein Geräusch, dass wohl ein verächtliches Schnauben sein sollte. „Wir sind Mechanicus. Ohne uns ist diese Fabrikanlage nichts.“