Ein Insider!!

Epilog IV

 

Der hohe Fabricator von Opus Macharius, Senior-ErzMagos Breg Gelsio blickte sie nicht an. Seine Okulare schienen in die Ferne zu schauen, dabei wusste sie, dass er die einkommenden Meldungen in der Sphäre las. Es hinderte ihn jedoch nicht im Geringsten daran mit ihr binär zu kantieren. „Die Sache ist also bereinigt. Bericht.“ „Mylord, in der Tat.“ begann sie ebenfalls in Maschinensprache zu kantieren, „Die Verräter wurden eliminiert. Wir haben in der geheimen Häretek-Basis auf Meridus umfangreiche Datenspeicher gefunden. Es sind die Kopien, der hier vor Jahren verloren gegangenen Daten. Die durch die Mord-Cogitatoren zerstörten Datengrüfte werden in diesen Augenblicken wieder hergestellt.“

 

„Wie haben Sie das Datenarchiv der Verräter gefunden?“ „Dies geschah mit Hilfe eines Techpriesters, der im Auftrag des Freihandelshauses De-La-Marcheval-Uxor handelte. Ich fing seine Datenkommunikation mit einem unserer Schiffe ab, das im Auftrag der Verräter unterwegs war. Ich hätte dieses heimlich operierende Schiff nicht wahrgenommen, hätte es diesen Versuch einer Kontaktaufnahme nicht gegeben. Zuerst vermutete ich gemeinsame Sache zwischen den Freihändlern und den Verrätern und folgte ihnen zu einer Basis am Nordpol von Meridus. Doch die Schergen der Freihändlerin töteten den Verräter und verhinderten die Sprengung der Basis und des ganzen Planeten.“ „Wie viel wissen diese Freihändler?“ fragte Gelsio. „Sie hatten keinen Zugriff auf die Datenbestände. Alles in allem können sie nur vermuten. Ich habe den Freihändlern ein paar großzügige Geschenke zukommen lassen und einen für sie lukrativen Handelskontrakt mit ihnen geschlossen. Sie werden wohl still halten.“ Die Techpriesterin fuhr fort. „Beunruhigt hat mich eher, dass die Freihändlerin, Lady Lucie Uxor und der Techpriester wohl für die Inquisition arbeiten. Sie zeigten beide die Inquisitionsrosette bei einer Auseinandersetzung mit einer anderen Gruppierung dieser Institution.“

 

Der Hohe Fabricator kantierte: „Die Inquisition? Das ist kein Grund zur Beunruhigung. Die Inquisition versucht schon seit Jahrtausenden hinter unseren eisernen Schleier des Schweigens zu schauen. Das wird ihnen auch in Zukunft nicht gelingen. Spekulation: Dieser ominöse Techpriester wird dafür sorgen.“ Wieder sachlich kantierte der Hohe Fabricator: „Der Anführer der Verräter war Janius Levin.“ Das war keine Frage, wurde ihr gewahr, doch der Hohe Fabricator sprach schon weiter. „Wie bedauerlich. Einer unser fähigsten Techpriester. Er war sogar zum Studium auf dem geheiligten Mars.“ Die ErzMagissa verkniff sich ihre nächste Bemerkung. Einige Techpriester raunten im abgeschirmten Modus, dass sich Janius vielleicht sogar dort mit der Ketzerseuche angesteckt hatte. Doch sie musste aus anderem Grund widersprechen: „Leider haben die Auswertungen der Datenbestände auf Meridus andere Schlüsse ergeben, Mylord. Der kürzlich angeblich bei einem Unfall verstorbene Adeptus Seniorius Asmodus Trell war der eigentliche Kopf hinter der Verschwörung, Janius Levin war nur sein Untergebener und willfähriger Schüler. Trell hatte sich mit dem Handelshaus Veemeer verbündet und Janius gezielt zum Mars geschickt, um verbotene Pläne aus dem dunklen Zeitalter der Technologie nach Opus Macharius zu bringen.“

 

Jetzt hatte sie die volle Aufmerksamkeit des Hohen Fabricators. Er war aufgestanden und fixierte sie mit seinen surrenden Okularen. Seine Servos in den Beinen quietschten aufgrund der ungewöhnlichen Beanspruchung und Kabelstränge, die seinen Cortex am Nacken mit seinem Techaltar verbanden, spannten sich. Einige Anschlüsse lösten sich mit einem schmatzenden Geräusch. Der Vorgang schockierte die Techpriesterin. Ein alter, taubstummer Servitor eilte herbei, um seinen Meister wieder anzuschließen. Doch der Hohe Fabricator winkte ab und kantierte schnell und abgehackt: „Asmodus Trell? Einer meiner vertrauenswürdigsten Brüder? Ihre Daten müssen fehlerhaft sein! Überprüfen Sie Ihre Speicher!“ Die ErzMagissa versteifte sich:“ Meine Daten sind einwandfrei, Mylord. Ich habe verifizierte Protokolle von Botschaften und eindeutig verifizierte Memoranden sowie einige aufschlussreiche Datenfragmente aus den Speichern der gefallenen Verräter. Sie können die Daten aus meiner Sphäre abrufen und einladen, Mylord!“ Der Hohe Fabricator studierte die Daten eingehend. Minutenlang stand er reglos. Schließlich verließ ein unartikuliertes Geräusch seine Vox-Lautsprecher. Die ErzMagissa analysierte das Geräusch ohne Ergebnis. Doch dann traf es sie wie ein Blitz. Der Hohe Fabricator hatte geseufzt! Er fokussierte sie wieder. „Ihre Daten sind wahr. Trell war ein Verräter. Einer meiner engsten Vertrauten, ein Logiker! Wie konnte ich mich nur so täuschen? Das ist unverzeihlich!“

 

Das Gesicht des Hohen Fabricators konnte schon lange keine Regung mehr zeigen, war es doch völlig künstlich. Doch die binäre Sphäre, die ihn umgab, flackerte nun hektisch. Der Hohe Fabricator kämpfte um seine Fassung! In seinen über 500 Jahren an der Spitze der Fabrikwelt war ihm so etwas offensichtlich noch nie widerfahren. Die ErzMagissa erwiderte schnell: „Mylord, er hat alle getäuscht. Über Jahrzehnte hinweg hat er Daten und Brüder korrumpiert. Als die Missstände offenbar wurden, leitete er die Untersuchungen und schickte Hunderte Unschuldige in die Servitorenwerkstätten oder in die Auslöschung. Zehntausende sind auf seine Lügen und Ränke hereingefallen und haben mit ihrem Leben bezahlt. Aber letztendlich wurde ihm das Handwerk gelegt. Als er erkannte, dass seine Pläne aufgeflogen waren und die Vernichtung der geheimen Häretek-Basis auf Meridus gescheitert war, nahm er sich vermutlich das Leben. Obwohl…“

 

„Obwohl, was? fragte der Hohe Fabricator sofort nach. „Obwohl wir von seinem „Unfall“ nur eine grobkörnige Videoaufnahme haben und einen bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Körper. Spekulation: Er könnte geflohen sein.“ wagte die Techpriesterin zu behaupten. Der Hohe Fabricator rügte sie scharf: „Nachhaltige Aufforderung: Behalten sie solche spekulativen Theorien für sich. Erklärung: Dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Begründung: Die ganze Angelegenheit ist in der jetzigen Situation höchst brisant. Schlussfolgerung: Ich verlange, dass sämtliche Daten zu diesem Fall mit den höchsten Standards verschlüsselt werden und ausschließlich in meinen privaten Speichern abgelegt werden.“ „Mylord. Ich werde die Daten aus meinem persönlichen Speicher ausladen und die aller daran beteiligten Ermittler löschen lassen.“ Der Hohe Fabricator setzte sich wieder: „Gut, fahren Sie mit Ihrem Bericht fort.

 

Die Techpriesterin sammelte sich: „Die Anhänger Trells und Janius Levin hatten den Manufaktorumkomplex Epsilon-Kappa-65 infiltriert und für ihre Zwecke umgerüstet.“ „Der Luft- und Raumkomplex. Sie haben Flugzeugteile hergestellt.“ unterbrach sie der Hohe Fabricator ein weiteres Mal. „Jawohl, die dunklen Pläne aus den verbotenen Datengrüften des Mars: Teile für den häretischen Nachtschatten-Raumjäger, die dann auf Meridus fertig montiert und mit speziell versklavten Pilotservitoren, meistens verwundete Imperiumspiloten, denen man Implantate versprochen hatte, versehen wurden.“ Der Hohe Fabricator schüttelte seinen Kopf, so dass seine Kabelverbindungen und Schläuche heftig raschelten. „Was für ein Sakrileg! Was für eine Schändung des Schemas! Und das auf meiner Fabrikwelt!“ Die ErzMagissa war überzeugt, dass niemand den Hohen Fabricator jemals so emotional erlebt hat.

 

Am Rande Ihres Bewusstseins versuchten sich Sorgen zu manifestieren. Sie war die persönliche Assistentin des Hohen Fabricators und war mit dieser Untersuchung direkt von ihm beauftragt worden. Sie hatte direkt vor Ort ermittelt und einige Verräter persönlich zur Strecke gebracht. Doch was, wenn sie dabei zu viel erfahren hätte? Sie drängte diese Gedanken schnell zur Seite und setzte ihren Bericht fort. „Das waren nicht die schlimmsten Tech-Häresien, denen sich Trell und Levin schuldig gemacht haben. In den unteren Gewölben war ein umfangreichen Bio-Labor entstanden, in dem vor allem Mensch-Maschine-Verbindungen entwickelt wurden. Als bionische Forschung getarnt, wurden hier Homunkuliten gezüchtet und einfache Silica-Animi für Panzerfahrzeuge auf Meridus entwickelt. Auch wurden hier Bestandteile für ein spezielles psychotrophes Gas entwickelt, das sehr wahrscheinlich gegen die Makropole Tibnan eingesetzt wurde und zur fast vollständigen Entvölkerung der Stadt geführt hat. Der hiesige Manufaktorumkomplex wurde nachhaltig gesäubert, Mylord. Keine unheilige Maschine hat überlebt. Keiner der Verräter fiel uns lebend in die Hände. Alle häretischen Daten wurden entweder bei den Kämpfen vernichtet oder sichergestellt.“ Mit einem elektronischen Schaudern dachte sie an die Säuberungsaktion. Die Legio Venator mit ihren riesigen Gott-Maschinen und die Ritter mussten aktiviert werden, hatten die Verräter doch einige Skitarii-Legionen auf ihre Seite gebracht. Es war ein regelrechter Bürgerkrieg gewesen. Der gesamte Manufaktorumkomplex wurde zerstört und weitere benachbarte Bereiche wurden schwer beschädigt. Zehntausende waren in den wenige Wochen dauernden Kämpfen ums Leben gekommen. „Die Lage ist wieder unter Kontrolle. Die Aufräumarbeiten sind in vollem Gange. Voraussichtliche Zeit bis zur Wiederaufnahme der Produktion im Manufaktorum Epsilon-Kappa-65: 6 Monate, 12 Tage, 14 Stunden. Wir haben 2 Ritter, 1 232 Techpriester und etwa 11 000 Skitarii verloren, 2 Gottmaschinen wurden beschädigt: Semper Fides und Herculatrix. Die Verluste innerhalb der Arbeiterschaft sind erheblich, aber ersetzbar.“

 

„Ihre Angaben decken sich mit meinen Daten. Sie sind also korrekt. Ihr Einsatz war erfolgreich.“ Die ErzMagissa verbeugte sich ob des Lobes. „Asmodus Trells Verwicklungen in der Sache müssen geheim bleiben. Er hat noch viele Bewunderer. Ich will die Priesterschaft nicht beunruhigen. Sie sind mir für die absolute Geheimhaltung verantwortlich. Jeder Bruch des Siegels wird mit der Totallöschung bestraft.“ Zum zweiten Mal musste sie schaudern. „Sehr wohl, Mylord, Ich werde Ihre Anweisungen sofort umsetzen.“ „Das ist bereits geschehen, ErzMagissa. In diesem Moment gibt es nur Sie und mich, die diese Informationen besitzen.“ Die ErzMagissa verbeugte sich abermals: „Verfügen Sie über mich Mylord, wenn es dem Omnissiah gefällt, werde ich diese Geheimnisse mit ins Grab nehmen.“