Ein Insider!!

Flammen über schmutzigen Wassern

 

Hoch peitschte die Gischt über die Back der Schiffe, als sich die Flotte Harkports durch die stürmische See Kurs Südwest quälte. Der Sturm blies heulend aus Nordwest und besonders die kleinen Zerstörer stampften in der stürmischen See. Großadmiral Graf Vicius von Grewe stand auf der Kommandobrücke der „Stolz von Harkport“, seinem Flaggschiff. Die „Stolz von Harkport“ war wirklich der Stolz der Makropole: 85000 to Wasserverdrängung, 303 m lang, 38 m breit, 16 m Tiefgang, 25 Knoten schnell, 12 Makrokanonen und 12 Tremorkanonen in jeweils 4 Türmen, 24 Langreichweitenkampfgeschütze, 24 Hydra-Flugabwehrsysteme und über 100 weitere Maschinenkanonen zur Nahbereichsabwehr, moderne Auspex-Systeme und eine nahezu undurchdringliche Panzerung. Sie war sie das größte und am stärksten bewaffnete Schiff auf Meridus, ja wahrscheinlich im ganzen Calixis-Sektor.

Graf von Grewe schaute grimmig durch die von Regen gepeitschten Fenster. Harkport hatte mobil gemacht und schickte den Großteil seiner Flotte, den bedrängten Makropolen der Nordallianz an der Westseite des Nordermeeres beizustehen.

 

Neben der „Stolz von Harkport“ begleiteten ihn noch fünf knapp halb so schwere Schlachtschiffe der Admiralsklasse, die „Caracalla Elimbar“, die „Xavier Lopiccalo“, die „Thaliart Hugaard“, die „Konstantius Nothacker“ und die „Bosus Auala“, alle benannt nach berühmten Großadmiralen der Makropole Harkport. Kurz kam ihm der Gedanke, ob wohl auch mal nach ihm eins dieser mächtigen Schiffe benannt werden würde, doch schnell verdrängte er den Gedanken. Zuerst musste eine Schlacht geschlagen werden. Das Oberkommando der Nordallianz hatte ihnen mitgeteilt, dass Seestreitkräfte des Südpaktes eine amphibische Landung nördlich der Makropole Tibnan planten. Diese galt es zu vereiteln. Von Grewe war zuversichtlich, dass er auch ohne genaue Kenntnisse über die Feindkräfte diesen Auftrag erfüllen können würde.

 

Die Schlachtschiffe wurden noch von jeweils 12 Kreuzern, 24 Flottenzerstörern sowie vier großen Flottentankern begleitet. Die Letzteren hatten sichtlich Mühe die Marschgeschwindigkeit von 19 Kn zu halten. Innerlich ärgerte er sich darüber, könnte die Flotte ohne diese Anhängsel viel schneller vorankommen, doch waren sie notwendig, da gerade die viel kleineren Flottenzerstörer mehrmals aufgetankt werden mussten, bis sie ihr Einsatzgebiet erreichen würden.

 

Als die Nacht hereinbrach, ebbte der Sturm ab. Nur der Seegang blieb weiter heftig und am Himmel zogen dicke schwarze Wolken nach Osten. Die Fahrt war bis jetzt völlig ereignislos verlaufen. Alle Manöver waren zur Zufriedenheit des Großadmirals ausgeführt worden. Die Schiffe hielten auch bei kabbeliger See ihre zugewiesenen Positionen. Die Doppelreihe der Schlachtschiffe, dahinter die Tanker, alle umgeben von Kreuzern und Zerstörern, durchpflügte wie ein einziger Organismus die See.

 

Von Grewe beobachtete die schnell dahinziehenden Wolken. Ab und zu konnte man ein kleines Stück Nachthimmel mit funkelnden Sternen erhaschen. Das konnte man auf Meridus nur noch auf hoher See oder weitab von den Makropolen. Fast der ganze Himmel des Planeten war durch jahrhundertelange Luftverschmutzung von dicken grauen Wolkenschwaden bedeckt und weite Landstriche lagen unter einer meterhohen Aschewüste. Selbst das Meer war grauschwarz und ölig und roch nach Industrieabfällen. Das war der Preis für eine riesige Industrie, die die 10 Mrd. Einwohner von Meridus und weitere Planeten im Subsektor mit Gütern versorgte. Doch nun war Krieg, besser gesagt Bürgerkrieg. Die unabhängigen Makropolen des Südpaktes griffen die Makropolen der Nordallianz an. Der imperiale Frieden war gebrochen.

 

Wer daran schuld war, war von Grewe ziemlich egal. Fast sein ganzes .Leben hatte er sich auf diesen Krieg vorbereitet. Die souveränen Makropolen von Meridus lebten schon seit Jahrhunderten in ständigen Konflikten. Meist ging es um Handeskonzessionen und Rohstoffe. Die Gründung der beiden Bündnissysteme Nordallianz und Südpakt vor 100 Jahren hatte die Situation langfristig nicht entschärft, sondern eher noch schlimmer gemacht. Waren früher die Konflikte auf einzelne Makropolen beschränkt, so ist das nun nicht mehr möglich. Alle Makropolen hatten mobil gemacht und gewaltige Heere bewegten sich nun aufeinander zu. Auf dem Hauptkontinent in den unendlichen äquatorialen Aschewüsten war es zu ersten großen Schlachten mit Hunderttausenden von Toten und Verletzten gekommen. Beide Seiten erzielten erhebliche Durchbrüche und mehrere Makropolen waren nun direkt bedroht.

 

Nur gut, dachte der alte Großadmiral, dass die Makropole Harkport mit ihren 300 Mio. Einwohnern so weit ab vom Schuss lag. Weit im Nordwesten an der Ostseite des Nordermeeres gelegen, beschäftigen sich seine Einwohner hauptsächlich mit Fischzucht und der Verarbeitung von Fischprodukten. Verschmutzte Ozeane und Flüsse hinderten die Harkporter nicht, in speziell aufbereitetem Wasser eine imposante Fischzucht aufzuziehen. Durch aus dem Schmutzwasser gewonnene Nährstoffe werden die Fische in riesiger Zahl gemästet und von einer hochentwickelten Industrie zu den verschiedensten Fischprodukten verarbeitet. Zwar rümpfen Gourmets über den Harkporter Industriefisch die Nase und sprechen spöttisch von Kloakenfischen, doch dient er mittlerweile auf Meridus als wichtigstes einheimisches Nahrungsmittel. Die Nachfrage übersteigt bei weitem die Produktion und es werden laufend neue Fischfarmen angelegt.

 

Kapitänleutnant Octos Premer, Kommandant des Flottenzerstörers „Wildfang“ tobte innerlich vor Wut. Völlig ungerührt stand sein Maschinenseher vor ihm und hatte ihm gerade gemeldet, dass, wenn er weiter mit dieser Geschwindigkeit durch die stürmische See fuhr, das Schiff seine Steuerbordschraube verlieren würde. Es war zum Haare ausraufen. Die Flotte geht in den Kriegseinsatz und sein Schiff ist nicht einsatzbereit. Bei einer Übung in seichten Gewässern letzte Woche hatte die „Wildfang“ Grundberührung mit der Steuerbordschraube. Er hatte keinen Eintrag in das Logbuch machen lassen, da er wusste, dass man dann sein Schiff niemals auf diese Operation mitgenommen hätte. Jetzt musste er den Schaden melden. Der Verlust der Steuerbordschraube war nicht hinzunehmen. Sie mussten mit der Geschwindigkeit heruntergehen. Zähneknirschend befahl er dem Flottenadmiral Meldung zu machen.

 

Sein Chef des Stabes, Kapitän zur See Gerald Figells, unterbrach die Gedanken des Großadmirals, als er an ihn herantrat und meldete, dass sich die Flotte weiterhin auf befohlenen Kurs befand und alle Auspexsysteme einwandfrei arbeiteten. Es war kein Feind oder unbekanntes Echo auf den Schirmen. Zerstörer „Wildfang“ meldete Probleme mit der Steuerbordwelle. Der Kapitän befürchtet, die Geschwindigkeit nicht halten zu können und bittet ans Ende des Verbandes zurückfallen zu dürfen. Von Grewe überlegte kurz, dann entschied er: „Befehl an die „Wildfang“. Geschwindigkeit reduzieren und dem Verband selbständig folgen.“ Es brachte nichts, das Schiff zu hetzen bis die Steuerbordwelle ganz ausfiel. Außerdem übergab ihm Figells eine Funkdepesche des Marineoberkommandos. Von Grewe überflog die Nachricht. Das Marineoberkommando informierte ihn, dass auf seinem Weg vereinzelt mit feindlichen U-Booten und U-Kreuzern aus Trayg und Primhaven, dem Hafen von Slytko zu rechnen sei. Gerüchten zufolge wurde in Primhaven ein riesiger U-Kreuzer unter größter Geheimhaltung gebaut. Selbst die besten Spione hatten über das Schiff nichts herausgefunden. Doch von Grewe machte sich keine Sorgen. Die Flottenzerstörer würden mit jeder Bedrohung unter Wasser fertig werden. Davon war er überzeugt.

 

Die Brückenuhr schlägt 01:00 Uhr. Die Nacht verläuft weiterhin ruhig. Von Grewe überlegt, sich etwas hinzulegen. Mit 253 Jahren ist er ja auch nicht mehr der Jüngste. Trotz der drei aufwändigen Verjüngungskuren spürte er ab und zu sein Alter. In solchen Situationen beneidete er die jungen Brückenoffiziere, die um ihn auf der Brücke geschäftig herumwuselten, sorgsam darauf bedacht, nur keinen Fehler zu machen, zumindest keinen, den das „alte Schlachtross“ bemerkte. Ja, er kannte seinen Spitznamen. Wenn sie glaubten, er sei außer Hörweite und sie sich den Druck von der Seele reden mussten. Er kannte das und musste unwillkürlich schmunzeln. Er war schließlich auch mal ein junger, aufstrebender Brückenoffizier.

 

Der Zerstörer „Wildfang“ folgte steuerbord abgestaffelt mit 14 Kn. Geschwindigkeit der Flotte. Zähneknirschend musste Premer mit ansehen, wie die Schiffe in der Abenddämmerung langsam verschwanden. Seine Laune besserte sich auch nicht, als das Unwetter erstarb und nur noch der hohe Wellengang blieb, der das Schiff weiter kräftig stampfen ließ. Immer wieder brach sich die Gischt an dem schlanken Bug und dann ging `s wieder wie mit einem Fahrstuhl in ein neues Wellental.

 

Die Nacht war tiefschwarz und die See beruhigte sich zusehends. Das Schiff tauchte auf. Nur ein schlanker Turm und das breite schwarze Deck ragten aus dem Wasser. Über Satellit erhielt der Kapitän die letzte Position und den aktuellen Kurs der Flotte. Er befahl dem Geschwaderführer sofort zu starten. 48 nächtliche Schatten erhoben sich fast lautlos von ihren Rampen und flogen dicht über den Wellen nach Norden davon. Das schwarze Schiff versank wieder in den Wellen und nichts deutete mehr auf seine Anwesenheit hin.

 

Jetzt folgten sie schon einige Stunden völlig allein in totaler Schwärze dem Flottenverband. Die See hatte sich beruhigt und Premer wagte es die Geschwindigkeit auf 16 Kn. zu erhöhen, geflissentlich das Stirnrunzeln seines Maschinensehers ignorierend. Seine Laune hatte sich nur unwesentlich gebessert. Da meldete der Steuerbordausguck. Unbekanntes Flugobjekt 1 Uhr 400 m voraus. Automatisch blickte auf das Auspex und sah keine Anzeige. Der Auspexmaat zuckte die Schultern. Premer trat auf die Freibrücke und blickte durch sein starkes Nachtglas imperialer Konstruktion. Er dachte, jetzt fangen die Leute schon an durchzudrehen und sehen Gespenster. Er wollte gerade Befehl geben, den Ausguck abzulösen und zusammenzustauchen, da sah er den Schweif einer Rakete Richtung Flotte fliegen und darüber hing reglos ein ziemlich großes Objekt, wohl ein Fluggerät unbekannten Typs. „Meldung an die Flotte: Raketenalarm“, schrie er, „alle Mann auf Gefechtsstation, Fliegeralarm, Scheinwerfer auf 1 Uhr, 40 Grad, Flak, auf erkannten Feind Feuer frei. Meldung an die Flotte: Feindliche Fluggeräte unbekannten Typs Raketen abfeuernd“ Die Schiffssirene jaulte los und der Scheinwerfer blendete auf. Er beleuchtete ein schwarzes Flugzeug. So einen Typ hatte er wirklich noch nie gesehen. Kein offizielles imperiales Muster und auch keine Maschine der lokalen planetaren Verteidigungsstreitkräfte, dass er kannte. Die beiden Hydrabatterien des Zerstörers eröffneten das Feuer. Wenn der Pilot überrascht gewesen wäre, wäre die Maschine jetzt ins Meer gefallen, doch die Maschine stieg wie ein Fahrstuhl in die Höhe, bevor sie die Leuchtspurgeschosse richtig erfassen konnten. Der Scheinwerfer und die Geschütze versuchten mitzuschwenken, doch die Bewegung war für die Bedienungen zu abrupt und zu überraschend, so dass die meisten Geschosse unter der Maschine durchgingen. „Höher anhalten, Ihr Trottel!“ schrie der Kapitän, doch die Maschine kippte nach rechts ab und versuchte knapp über der Wasseroberfläche zu entkommen. „Buggeschütze, Zerlegermunition, Feuer frei“ befahl er. Na warte, Bürschchen, so leicht entkommst Du nicht, dachte er. „Ruder 5 Strich Steuerbord, dreimal äußerste Kraft voraus“, „Scheiss auf die Schraube“. Die Granaten explodierten knapp über der Wasseroberfläche und rissen dem fliehendem Flugzeug die Backbordtragfläche ab. Die Maschine trudelte wie ein Stein ins Wasser. Am Horizont Richtung Flotte brach heller Feuerschein hervor. Der ganze Horizont schien plötzlich in Flammen zu stehen. „Oh heiliger Gott-Imperator, steh uns bei“, entfuhr es Premer. Da meldete der Ausguck ein weiteres Flugzeug. „5 Grad Steuerbord“. Das Flugzeug stieg wieder schnell nach oben. „Scheinwerfer an, alle Geschütze Feuer frei! Die Geschütze röhrten los und Leuchtspur und Sprengwölkchen erleuchteten den Nachthimmel. Die Maschine bekam einen direkten Treffer von Turm B und explodierte. „Sehr gut!“ schrie der Kommandant, um den Geschützlärm zu übertönen. Der Ausguck meldete: „Kreuzer, querab 6000 m in Zufahrt!“ „Das ist die „Autracity“. Sie kommt zu unserer Unterstützung.“ rief der erste Offizier, Leutnant Jagoda. „Sind unsere Funkmeldungen bestätigt?“ fragte der Premer. „Negativ, Sir“, rief der Funkmaat, „Auf allen Kom-Kanälen herrscht Chaos. Kein Durchkommen möglich, Sir!“ Da brüllten die Geschütze der „Autracity“ los und deckten die „Wildfang“ ein. „Die schießen auf UNS!“, schrie fassungslos Jagoda. „Geben Sie sofort unser Erkennungssignal“ schrie Premer zurück. Doch da krachte schon die zweite Salve aus den Kreuzergeschützen. Die Kanoniere hatten gut gezielt. Vier der acht Granaten trafen den Zerstörer. Die „Wildfang“ sank so schnell, dass sie schon unter der Wasseroberfläche war, als ihre Munitionskammer explodierte.

 

Plötzlich dröhnen die Sirenen der Flottenzerstörer. Von Grewe identifizierte noch das Sirenensignal: Raketenalarm!! Da krachte es schon auf dem Vorschiff. Große Erschütterungen schüttelten das riesige Schiff und von Grewe sowie mehrere Brückenoffiziere verloren den Halt und stürzten zu Boden. Er registrierte noch mindestens vier Einschläge in das Schiff bevor er auf dem Boden lag. Die Nacht war plötzlich hell erleuchtet und er hörte Autokanonenfeuer aus vielen Läufen. Das Schiff zitterte und Sirenen heulten. Feueralarm. Ihm wurde aufgeholfen. Ärgerlich schüttelte er die hilfreichen Arme ab. „Lagebericht!!“, bellte er. Auf der Brücke waren die Panzerglasscheiben gebrochen und Instrumente zu Bruch gegangen. Verwundete wimmerten und schrien. Durch die offenen Fenster drang der Geruch nach brennenden Öl und Stahl ein. Von Grewe wusste nur zu gut, dass auch Stahl brennen konnte. Einige Offiziere versuchten Ordnung in das Chaos zu bringen. Verwundete wurden abtransportiert, barsch Statusmeldungen über Kom-Verbindungen verlangt. Figells, ein weißes Taschentuch auf seine stark blutende Kopfwunde haltend, meldete dem Großadmiral: „Schiff wurde von 6 Raketen auf der Backbordseite getroffen. Schwere Schäden an den Aufbauten. Vier Brände, Löschmannschaften im Einsatz stark behindert durch Zerstörung der Hauptwasserleitung und des Schiffskraftwerks.“ Jetzt erst fiel von Grewe auf, dass nur die Notbeleuchtung flackernd brannte. Figells fuhr fort: “Ein Treffer in der Backbordbordwand mittschiffs. Starker Wassereinbruch in Sektionen 11 bis 13. Schotten halten. Geschwindigkeit aktuell 0 Kn.. Eingehende Meldungen der Flotte geben noch kein klares Lagebild. Mehrere Schlachtschiffe und die Flottentanker wurden wohl getroffen. Die Kom-Kanäle sind überlastet. Wir sind dabei Ordnung in das Funkchaos zu bringen.“ Von Grewe befahl daraufhin: „Erste Priorität für die Reparaturmannschaften: Strom- und Wasserversorgung wiederherstellen. Geschwindigkeit wieder aufnehmen. Hydrabatterien besetzen. Auspexanzeigen?“ „Negativ“ erwiderte Figells sofort, “Kein Feindkontakt.“ Seiner Stimme und seiner Miene war keine Reaktion über diese erstaunliche Aussage zu entnehmen. Von Grewes Gedanken rasten. Einen Feind, den man nicht aufspüren konnte, konnte man auch nicht bekämpfen. Er spürte, wie in ihm ein Gefühl der Ohnmacht aufstieg. Ärgerlich drängte er es zurück und trat nach draußen auf die Außenbrücke. Hitze wallte vom zum Vordeck hoch. Turm B hatte einen schweren Treffer bekommen und brannte. Der Nachthimmel war hell erleuchtet. Augenscheinlich alle Schlachtschiffe waren getroffen worden. Die vier Flottentanker brannten lichterloh. Der Feind wusste genau, was er treffen musste. Es herrschte das totale Chaos. Die Luftabwehr der Kreuzer und Zerstörer schoss blind in die Luft und die Schiffe kurvten wie wild, um den Feind zu finden. Auf den Kom-Kanälen schrie alles wild durcheinander. Feindkontaktmeldungen gingen ein und wurden wieder widerrufen, als sich herausstellte, dass ein Kreuzer einen eigenen Zerstörer versenkt hatte. Die „Stolz von Harkport“ hatte schwere Schäden einstecken müssen. Drei große Brände loderten in den Himmel, zwei Hauptgeschütztürme und vier Nebengeschütztürme waren zerstört. Das Schiff bekam leichte Schlagseite. Zwei Raketen hatten den Rumpf knapp über der Wasserlinie auf der Backbordseite getroffen. Plötzlich erschütterte eine riesige Explosion die schon geschundene Flotte: Die „Thaliart Hugaard“ hatte es zerrissen als die Feuer die Munitionskammern erreichten. Von Grewe sah im Feuerschein die „Bosus Auala“ und die „Xavier Lopiccalo“ langsam sinken. Ihre Decks standen ebenfalls in hellen Flammen. Die „Caracalla Elimbar“ war schon verschwunden. Sie ging völlig unbemerkt von ihm unter. Von Grewe befahl mit gefasster Stimme das blinde Feuern einzustellen und die Zerstörer zur Rettung der Schiffbrüchigen einzusetzen. Die Kreuzer sollten in die Peripherie vorstossen und den Feind suchen. Das Flakfeuer ebbte tatsächlich erheblich ab, nur um wenig später erneut um so heftiger einzusetzen. Von Grewe wollte schon verärgert nachfragen lassen, da sah er die Explosionen auf seinen Kreuzern erblühen. Viele der Kreuzer wurden von Explosionen zerfetzt oder sanken schnell mit gebrochenen Rümpfen. Die anderen drehten bei und kämpften ums Überleben. Nicht alle würden es schaffen. Das galt für die ganze Flotte…

 

Das Wetter war trübe, als die Reste der Flotte in den Hafen von Harkport einliefen. Die Moral der Männer und Frauen war auf dem Tiefpunkt. Die ganze Makropole trauerte. Die „Stolz von Harkport“ hatte schwere Schlagseite, sie hatte tausende Tonnen Wasser im Rumpf und lag tief im Wasser. Hohe Brecher überspülten immer wieder den Bug. Ihre Aufbauten waren verwüstet und meist nur noch geschwärzte Trümmer. Begleitet wurde sie nur noch von vier beschädigten Kreuzern und 14 Zerstörern. Der Feind hatte am Schluss auch auf Zerstörer geschossen und so die Rettungsaktionen massiv behindert. Zehntausende waren gefallen. Von Grewe hatte die ganze Rückfahrt kaum etwas gesprochen. Der Feind war nicht aufgeklärt worden. Woher die schweren Raketen kamen war unklar. Von der „Wildfang“ hatten sie einen verstümmelten Funkspruch aufgefangen bevor sie von einem Kreuzer der Eskorte zusammengeschossen wurde. Irgendwas hatte der Kapitän der „Wildfang“ aufgefasst und sein Wissen mit ins nasse Grab genommen. Egal, die mächtige Flotte Harkports war nicht mehr und würde in diesem Krieg auch keine Rolle mehr spielen. Großadmiral Vicius von Grewe schloss die Augen und zum ersten Mal nach vielen Tagen weinte er….

 

Das schwarze Schiff war wieder aufgetaucht. Der Kapitän stand auf dem schlanken Turm und beobachtete die 46 Nachtschatten, die sich langsam auf das Deck niederließen. Sobald die Triebwerke abgeschaltet waren, senken sich die Fahrstühle nach unten und die Panzerschotts schlossen sich. Zufrieden lächelnd gab der Kapitän den Befehl zum Tauchen und kurze Zeit später schlossen sich wieder die Wellen über dem schwarzen Schiff.