Ein Insider!!

Planspiele II

 

Generalcommander in Chief des Südpakts Asteroth Homsey betrat die Operationszentrale des mobilen Hauptquartiers der Südpakttruppen in der nördlichen Aschewüste ca.2000 km hinter der Front. Der Ort hieß Terminal IV, war eine ehemalige Bahnstation der Grubenbahn und vor allem das ehemalige Logistikzentrum der 1. Pacalischen Panzerarmee. ‚Ebenfalls ehemalig‘, dachte er mit einem Schmunzeln. Seiner 3. Sturmarmee waren hier Unmengen von Versorgungsgütern in die Hände gefallen, die der Feind nicht mehr rechtzeitig abtransportieren oder vernichten konnte.

 

Kern des Hauptquartiers bildeten vier riesige Mammut-Gefechtsstandfahrzeuge, die über vielfältige Kommunikationsmittel und eine Vielzahl taktischer Cogitatoren verfügten. Die Fahrzeuge waren mit den Hecks zueinander kreuzförmig zusammen gefahren worden In der Mitte des Kreuzes befand sich nun ein stabiles Zelt mit Luftschleuse und einer einigermaßen funktionierenden Klimaanlage. Bedeutender war jedoch der große Kartentisch in der Mitte, der die aktuelle Lage der gesamten Südpakttruppen enthielt. Hier herrschte eine hektische Betriebsamkeit, die sofort zur Ruhe kam, als der Gefechtsstandsoffizier ein Kommando brüllte und ihm meldete. Asteroth Homsey war ein athletisch wirkender Offizier mit kurz geschnittenem Haar in den Fünfzigern Er trug eine einfache Gefechtsuniform mit schwarzen, unscheinbaren Rangabzeichen. Trotzdem kam es nur selten vor, dass man ihn übersah, strahlte er doch eine allseits spürbare Aura der Autorität aus. Befriedigend nahm er zur Kenntnis, dass die Oberkommandierenden der drei nördlichen Sturmarmeen eingetroffen waren. Er hatte die Oberkommandierenden hier versammelt, weil nach sechs Wochen der Angriffsschwung des Südpakts deutlich erlahmt war und grundsätzliche Entscheidungen getroffen werden mussten.

 

„Meine Damen und Herren, stehen Sie bequem. Weisen Sie mich bitte in die aktuelle Lage Ihrer Armeen ein!“ befahl er mit lauter Stimme. Dabei reichte er den drei Generälen die Hand. General Stefena Grabinnsky, eine untersetzte und muskulöse Frau mit strenger Duttfrisur, Ende 40, begann sofort mit ihrem Lagevortrag. Mit einem silbernen Zeigestock zeigte sie auf dem Kartentisch die aktuellen Stellungen ihrer Truppen und berichtete: „Die 1. Sturmarmee ist in die Vororte der Makropole Batun eingedrungen und kämpft sich unter hohen eigenen Verlusten zu den eigentlichen Makropoltürmen vor, Die Hauptbahnstrecke zur Makropole Pacalis wurde unterbrochen und viele Fabrikationstempel der Makropole eingenommen oder zerstört. Der Feindwiderstand ist heftig. Es wird um jedes Hub und jede Straße heftig gekämpft. Die feindliche Artillerie fordert einen hohen Blutzoll und die dichte Luftabwehr der Makropole verhindert eine effektive Luftunterstützung. In der letzten Woche haben wir nur wenige Hundert Meter vorstoßen können. Wenn die 1. Sturmarmee die Makropole Batun im direkten Angriff erobern soll, muss sie massiv verstärkt werden. Ansonsten sehe ich mich außerstande die gesteckten Operationsziele zu erreichen.“ Asteroth Homsey mochte die direkte, unverblümte Art der Generalin. Sie galt als sehr tüchtig und forderte ihre Truppen bis weit über die normalen Leistungsgrenzen hinaus. Homsey tat gut daran ihrer Lagebeurteilung zu vertrauen.

 

Sie übergab den silbernen Stab an General Marworth Linsey, einem schmalen, 1,86 cm großen Mann mit bereits schütterndem Haar, Oberbefehlshaber der 2. Sturmarmee. Er war sichtbar nervös und sprach schnell und etwas abgehackt, so dass sich alle konzentrieren mussten, um ihn zu verstehen. „Die 2. Sturmarmee hat auf breiter Front den Pacalisriver und Pacaliskanal erreicht und alle Brückenköpfe der Nordallianztruppen bis auf einen eingedrückt und vernichtet. Dieser letzte Brückenkopf ist durch starke Artilleriekräfte geschützt und auch nach Dutzenden äußerst verlustreichen Angriffen nicht einzudrücken. Zudem hat die Nordallianz das Nordufer des Pacalisrivers und –kanals seit Jahren als Verteidigungslinie ausgebaut und beherrscht mit umfangreichen stationären und mobilen Artilleriesystemen den Fluss. Unsere eigene Artillerie und heftige Luftangriffe konnten diese Stellungen zwar schwächen. Mehrere Übersetzversuche haben jedoch gezeigt, dass der Widerstand immer noch viel zu heftig ist. Die 2. Sturmarmee ist auf Grund der überlangen Front und des heftigen Feindwiderstands nicht in der Lage den Fluss zu überschreiten und die Hauptmakropole Pacalis einzunehmen.“ Homsey räusperte sich „Haben Sie es schon mit konzentrierten Luftangriffen und Luftlandungen an wenigen, nah zusammenliegenden Stellen versucht? Entsprechende Verbände sind in ihrer Armee eingegliedert.“ Linsey blinzelte nervös: „Nein, Sir, mir, äh, schien diese Vorgehensweise zu wenig erfolgversprechend.“ Der Generalcommander unterbrach das Gestotter. „Versuchen Sie`s. Erarbeiten Sie einen detaillierten Angriffsplan und führen Sie ihn aus. Achten Sie darauf den gewonnenen Brückenkopf sofort zügig auszuweiten!“ „Jawoll, Sir, mein Stab und ich werden sich sofort an die Arbeit machen.“ versicherte Linsey sogleich und übergab den Silberstab an den dritten General, Jillim Grekulics, Oberbefehlshaber der 3. Sturmarmee, Sieger der großen Wüstenpanzerschlacht und Vernichter der 1. Pacalischen Panzerarmee.

 

Grekulics war hochgewachsen, schlank, fast dürr und hielt sich kerzengrade. Sein Gesicht war durch seine eingeschlagene Nase verunstaltet, ein unglückliches Zusammentreffen mit einer Panzerluke wurde hinter vorgehaltener Hand gemunkelt. Tatsächlich eine Kriegsverletzung als junger Leutnant im Kampf gegen nomadische Banditen. Grekulics lehnte jede gesichtschirugische Behandlung ab, waren bei dieser Aktion mehrere seiner Soldaten gefallen, als er unvorsichtigerweise in einen Hinterhalt geriet. Als General war er unglaublich genial, erstellte brillante Operationspläne und setzte sie mit aller Härte um. Er führte konsequent von vorne, entweder in einem Machwu-152 Kommandofahrzeug oder in einem Furious-Kommandopanzer, was ihm Respekt und sogar Bewunderung seiner Soldaten einbrachte. Grekulics zeigte auf die Karte. Seine Sturmarmee war am weitesten nach Westen vorgestoßen. Er erläuterte mit knappen Worten, dass seine Sturmarmee dabei war, Batun im Süden von seinen Angriffsarmeen abzuschneiden. Ihn trennten nur mehr wenige hundert Kilometer vom westlichen Ozean. Doch der Feindwiderstand war auch hier stark gewachsen und seine Truppen mussten sich durch hastig aufgebaute Verteidigungsanlagen kämpfen und waren vermehrten Flankenangriffen, vor allem aus Norden, ausgesetzt. Auch er forderte Verstärkungen. Sein Angriff sei schließlich der Entscheidende des ganzen Krieges. Die anderen beiden Generale begannen sogleich zu protestieren und es wurde hörbar unruhig in der Operationszentrale, weil auch die mitgebachten Stabsoffiziere zu diskutieren begannen.

 

„Bitte, meine Damen und Herren, mehr Disziplin!“ Sofort wurde es still. Homsey fuhr fort: “Ich danke Ihnen allen für das klare Lagebild. Nach dem Zerschlagen der Batuner Panzerkräfte ostwärts von Machwu hat sich die dortige Front stabilisiert. Es stehen jetzt Truppen und Ressourcen für die Nordfront bereit. Hier kommt es jetzt darauf an, den Krieg vor Eintreffen imperialer Streitkräfte oder dieses Freihändlers de la Marchevall mit seinem Großkreuzer zu entscheiden. Dazu befehle ich: Die 1. Sturmarmee geht zur zeitlich begrenzten Verteidigung über und sichert mit ihren verbliebenen Offensivkräften die rechte Flanke der 3. Sturmarmee. Die 2. Sturmarmee riegelt den Brückenkopf der Nordallianz auf dem Südufer des Pacalis mit starken Kräften ab und führt eine Luftlandeoperation auf dem Nordufer des Pacalisrivers durch. Bei Gelingen dieser Operation ist der gewonnene Brückenkopf schnell auszuweiten und die Makropole Pacalis anzugreifen.“ Homsey blickte auf Linsey und sah ihm an, dass er verstanden hatte. Diese Aktion war seine letzte Chance sich zu bewähren, sonst wäre sein ohnehin nicht besonderer militärischer Ruf vollends ruiniert und seine Ablösung sei dann nur noch eine Frage der Zeit. Homsey führte seine Befehle weiter aus: “Die 3. Sturmarmee greift mit den jetzt zufließenden Verstärkungen weiter nach Westen an, stößt bis zum westlichen Ozean vor und weitet ihren Gefechtstreifen nach Norden und Süden aus. Damit wird den Nordallianztruppen das Rückgrat gebrochen und der Krieg ist so gut wie gewonnen.“

 

Grekulics nickte, nahm Haltung an und salutierte: „Auftrag verstanden. Mit Ihrer Erlaubnis möchte ich mich abmelden und zu meinen Truppen zurückkehren.“ Homsey erwiderte den Gruß. „Erlaubnis erteilt. Die Einzelheiten werden an Ihren Gefechtsstand übermittelt.“ Auch die anderen Generäle meldeten sich ab und es kehrte wieder die ruhige, geschäftige Betriebsamkeit in den Gefechtsstand ein, die er so schätzte. ‚Mit etwas Glück‘ dachte er ‚würde der Krieg in wenigen Wochen entschieden sein. Dann könnte auch die Intervention des Imperiums die geschaffenen Tatsachen nicht mehr umstoßen‘. Er sollte sich in mehrerer Hinsicht täuschen.